27.11.2017

Vernunft, Kontrolle, Konsequenz

Ja, diese drei Dinge sind wichtig in der Hundeerziehung. Vernunft, Kontrolle und Konsequenz! Da
führt einfach kein Weg dran vorbei, wenn man diese Attribute nicht mitbringt, kann man das mit der Hundeerziehung auch gleich vollkommen vergessen. Und wie komme ich darauf, gerade heute, gerade jetzt? Und warum beschäftigt mich das so sehr, dass ich seit einer gefühlten Ewigkeit mal wieder einfach so in die Tasten haue und einen Blogbeitrag verfasse?


Wie immer, ganz einfach - Sparta!



Es fing so unschuldig an, wir waren heute Morgen spazieren. Wir, oder besser gesagt ich, hatte erst nicht so wirklich Lust, weil das Wetter in den letzten Tagen eher bescheiden ist. Doch nach ungefähr 15 Minuten kam plötzlich die Sonne raus. Es war noch immer windig und kalt, aber Licht ist zu dieser Jahreszeit schon etwas, worüber man sich freuen kann. Also doch noch nicht umdrehen, sondern eine große Runde starten. So weit so gut. Die Hunde freuten sich, die Sonne schien, ich war zu frieden. Doch dann wurde Sparta plötzlich unruhig, er stürmte ungebremst ins hohe Gras und zum Vorschein kam etwas, was ich ewig nicht gesehen hatte und in Spartas Augen ein Leuchten auslöste, wie nichts anderen auf der Welt - diejenigen, die unsere älteren Beiträge kennen, wissen was jetzt kommt - ein unvorstellbar dreckiger, ranziger, halb aufgelöster Tennisball. Sparta war im siebten Himmel. Da wir kurz darauf auf unserem Weg unserer eine breite Straße überqueren mussten, musste der Ball an einem Baum warten, bis uns unser Weg wieder hier vorbei führte. Sparta, der einen neuen Ball eigentlich gar nicht mehr los lässt, nahm das sehr gelassen und schien zu wissen, dass wir ihn auf dem Rückweg auch wirklich wieder mitnehmen. Wieder zurück war Sparta auch kaum zu halten und zielsicher auf dem Weg zu seinem neuen super tollen Ball.

Der Rückweg war klasse, ich trat immer wieder gegen den total verdreckten Ball und Sparta war glücklich. Immer wieder versteckte er sich im Gras oder zwischen den Bäumen. Er hüpfte wie ein kleiner Hase (und ja, ein kleiner Hase, die hier ansässigen Feldhasen sind nämlich eindeutig größer als Sparta). Immer wieder musste ich ihn rufen, weil er im Unterholz unterwegs war und sichtlich Spaß hatte. Kurz vor Ende der Runde, rief ich die zwei Monster zu mir und wollte sie anleinen. Da sah ich es! Sparta hielt die linke Vorderpfote in Luft und da war Blut. Unmengen an Blut, naja zwei Tropfen vielleicht. Aber an so einer kleinen Pfote wirkt das ganz schnell wie fünf oder sechs Tropfen. Das Frauchen, dass ich vor ca. drei Jahren war, wäre nun in Panik verfallen, hätte einen Notdienst rausgesucht, am besten einen, der Hausbesuche macht, damit der arme kleine Hund bloß keinen Meter mehr laufen muss.
Zum Glück wird man mit der Zeit klüger und vernünftiger. Da ich also kein Quicken, Schreien oder Winseln gehört hatte, konnte es ja nicht so schlimm sein. Das Humpeln begann ja auch erst, als Sparta wusste: "Frauchen sieht das jetzt auch."

Also ganz entspannt die letzten Meter bis nach Hause. Sparta in die Badewanne, die Wunde mit
Wasser und Kernseife auswaschen, gucken, dass nichts in der winzigen Wunde steckt, Braunol drauf, Socke drüber und gut ist.

Ja, soweit zu der der Vernunft.

Zwei Stunden später kam Sparta aus seiner Kuschelecke und humpelte wieder, stärker, vielleicht besorgniserregend? Also noch mal gucken. Das wollte der kleine Mann aber so gar nicht. Ich hatte die Wunde ja erst vor zwei Stunden gesehen, da war nichts schlimmes, ich, ja ich persönlich habe es mit eigenen Augen gesehen. Und jetzt? Ja jetzt könnte das ja schon viel schlimmer aussehen. Am besten zum Tierarzt! Da meldete sich die Vernunft wieder zu Wort:
"Da ist eine kleine Wunde zwischen den Zehen, das ist einfach unangenehm, das ist normal, mehr als desinfizieren macht die Tierärztin ja auch nicht. Weiß du noch, die Tierärztin war es auch, die dir gesagt hat, das Kernseife und Braunol bei so was völlig ausreichen. Wenn du eine kleine Wunde am Fuß hast, dann humpelst du auch, das bedeutet nicht, dass du stirbst oder man dir das Bein abnehmen muss!"

Ja, stimmt. Aber wie der guckt! Und wenn er die Pfote so hebt. Ganz schlimm, das arme Tier.

Also konsequent sein! Einfach den Tag ganz normal weiter laufen lassen und erst mal abwarten. Oder wir legen uns einfach ins Bett und kuscheln eine halbe Stunde, nur so zur Sicherheit. Wer hier die Kontrolle hatte, war klar. Sparta fand es sichtlich angenehm, sich an meinen Bauch zu kuscheln und jedes Mal, wenn sich meine Hand seiner Pfote auch nur nährte, vorwurfsvoll zu gucken.
Es dauerte ein bisschen, aber irgendwann meldete sich die Vernunft wieder: "Die Hunde müssten dann auch mal wieder raus und eine kleine Runde geht auch auf drei Beinen, stell dich nicht so an, du machst das nur schlimmer, als es ist!"


Ja, das stimmt auch. Also raus. Die ersten Meter humpelte klein Sparta hinter mir her und legte einen herzzerrreißenden Blick an den Tag. Doch kaum auf dem Feldweg ohne Leine, ja da war plötzlich jeder Duft, jeder Luftzug und jedes kleine Stück Zuckerrübe ja sowas von viel interessanter als die
Wunde an der Pfote. Nichts mehr mit langsam hinter Frauchen her, vorne weg mit Emily, Tempo, Action, Spaß. Wieder an der Leine, sicher im Blickfeld von Frauchen und genervt, weil Emily sich vom Nachbarn streicheln lässt, kann man ja noch mal testen, ob wir das abkürzen können wenn man noch mal traurig guckt und die Pfote hebt. Nichts da! Frauchen hat wieder ihre konsequenten fünf Minuten!

Ich werde nun versuchen, den Rest des Tages vernünftig und konsequent zu sein, vielleicht führt das ja dazu, dass ich hier auch mal die Kontrolle habe. Denn ganz egal, wie vernünftig ich bin, wie sehr ich mich anstrenge konsequent zu sein, wenn dieses kleine Monster mit aufgerissenen Augen vor mir steht und seine Pfote in der Luft baumelt, hab ich verloren.
Er weiß das und er nutzt es schamlos aus.

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